Jetzt geht es aber erst einmal darum
die vergangene Woche Revue passieren zu lassen. Unser Weg nach
Australien führte von Christchurch über Auckland nach Adelaide, wo
wir nach längerer Zeit mal wieder eine Unterkunft über Couchsurfing
ausgemacht hatten. Nach Abholung unseres Mietwagens quartieren wir
uns also bei Sam ein, einer 41 Jahre alten Sozialarbeiterin, die
zeitgleich noch ein Mädel aus Holland zu Gast hatte. Dank unserer
vorangegangenen, sehr schlaflosen Nacht im Auto und Flugzeug verlief
der restliche Freitag sehr ruhig mit ausruhen, kochen und
interessanten Gesprächen. Sam geht nicht irgendeiner Sozialarbeit
nach, sondern hat mit den Abgründen der Gesellschaft zu tun. Sie
schreibt Beurteilungen über Gefängnisinsassen, hat mit
Kindesmisshandlungen und häuslicher Gewalt zu tun und schiebt
Schichten am Notfalltelefon für Opfer sexuellen Missbrauchs –
alles im Dienste einer Regierungsbehörde. Wir könnten diese Arbeit
niemals tun, ohne nicht völlig den Glauben an das Gute im Menschen
zu verlieren. Umso größer ist unser Respekt vor ihr! Und sie hat
darüber hinaus noch einen klasse Humor und ist sehr herzlich.
Am Samstag hatte sie uns drei Gäste
auf eine Weintour durch das McLaren Vale eingeladen, eine Gegend für
das Schöne und Leckere im Leben. Gute Restaurants, gemütliche
Cafés, eine handvoll Mikrobrauereien und natürlich dutzende
Weingüter laden hier die Gäste ein. Weinproben sind völlig
kostenfrei und ungezwungen. Man kommt einfach zu diesen „Cellar
Doors“, wird in jeder Stube herzlich empfangen und darf sich durch
die Weinliste schmecken. Die Menschen sind freundlich, offen und
hilfsbereit, völlig unabhängig von ihrer Nationalität. Egal ob
Australier, Schotten, Engländer, Iren – irgendetwas scheint das
Land mit den Menschen zu machen, die hier leben. Wir besuchten eine
Reihe von Weingütern, die alle mehr zu bieten haben als nur Wein.
Bei der ersten Weingut, der Settlement Vinery, konnte man den
fantastischem Shiraz bei einem tollen Blick auf das Tal und die
umgebenden Hügelketten probieren.
Die Woodstock Vinery hat neben
großartigem Cabernet ein eigenes kleines Tierreservat, wo kranke und
verletzte Kängurus und ein Koala leben. Die Shingleback Vinery
wiederum ist bekannt für ihren Schokoladenwein, der uns aber
überhaupt nicht geschmeckt hat (Wein und Schokolade = lecker,
Schokolade im Wein = eher nicht). Zwischendurch haben wir nach dem
Mittagessen auch eine der kleinen örtlichen Brauereien besucht.
Goodieson's Brewery ist nicht größer als eine durchschnittliche
Sporthalle, macht aber schmackhaftes Bier. Die beiden Besitzer haben
vor langer Zeit mal in Österreich gelebt und waren fasziniert von
der Auswahl und Qualität von Bieren in Deutschland. Sie haben über
fast 15 Jahre hinweg kontinuierlich auf die Gründung ihrer eigenen
Brauerei hingearbeitet und brauen heute saisonabhängig ihr Pilsner,
Pale Ale, Weizenbier, Maibock und andere Sorten. Eine tolle
Geschichte! Wir ließen uns natürlich gerne vom tollen Geschmack der
örtlichen Produkte überzeugen und deckten uns ein bisschen mit Wein
und Bier ein. Ein paar gute Abende sind uns in jedem Fall gewiss :-)
Am Sonntag brachte uns Sam dann zum
Bahnhof und wir verließen Adelaide in Richtung Norden, auf einen
völlig bekloppten Trip. Wir hatten uns erst vor zwei Wochen
entschieden (nochmal) unser Erspartes zusammen zu kratzen und eine
Extratour organisiert, denn vier Wochen Australien zu bereisen ohne
das Great Barrier Reef und ohne den Uluru (Ayers Rock) zu
sehen, erschien uns irgendwie falsch. Zeit und Kosten abwägend blieb
als Möglichkeit nur der Uluru und so saßen wir also am
Sonntagmittag im weltberühmten Ghan Zug. Benannt nach den
afghanischen Kameltreibern, die bis 1929 den Personen- und
Warenverkehr zwischen dem australischen Norden und Süden
sicherstellten, verkehrt der Ghan heute zwei Mal wöchentlich in
beiden Richtungen zwischen Adelaide im Süden und Darwin im Norden.
2.979km in 54 Stunden bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 85
km/h quer durch den Kontinent. Bei Einzelbesetzung umfasst der Ghan
16 Wagons, 471 Meter Länge und 850 Tonnen Gewicht (+ 132t
Lokomotive). Und das gibt es auch noch als Doppelbesetzung, also
alles mal zwei! Der Zug verlässt Adelaide Richtung Norden und
durchquert zunächst weite Getreidefelder. Nach einigen Stunden
wandelt sich die Landschaft und man erreicht die endlose
Steppenlandschaft des australischen Outbacks. Trockene Gräser und
Büsche stehen in hartem Kontrast zur allgegenwärtigen roten Erde.
Unser Ziel war Alice Springs, ungefähr
auf der Hälfte der Strecke. 24 Stunden Zugfahrt in der Holzklasse,
die für sich aber schon mit sehr viel Beinfreiheit und ganz bequemen
Sitzen aufwartete. Wir hatten das Glück eine freie Vorderreihe zu
haben, und da diese sich drehen ließ, konnten wir uns gut über den
4er Bereich ausbreiten. Die Fahrt verlief völlig komplikationslos,
vom wenigen Schlaf mal abgesehen. Am Montag in Alice Springs
angekommen konnten wir feststellen, dass sich nicht nur die
Landschaft, sondern auch das Wetter deutlich verändert hatte. 36°
Grad im Schatten ließen uns den Rest des Tages nicht aus jenem
weichen. Wir beschlossen nicht
in die Innenstadt zu gehen, sondern verbrachten den Nachmittag und
Abend in dem kleinen Hostel, in das wir uns eingemietet hatten. Unser
Doppelzimmer bestand aus einem der im Garten geparkten Wohnwagen.
Auch mal ein neues Konzept. Aber das Bett war halbwegs bequem und es
gab kostenfreies Internet und Frühstück. Sehr gut!
Am Dienstagmorgen
hieß es dann früh raus aus den Federn, denn um 6 Uhr startete
unsere 2-Tagestour zum Kings Canyon und Uluru. Warum so früh? Nun,
es muss keiner denken, dass man den Uluru von Alice Springs aus sehen
könnte. Das Red Center ist RIESIG, erstreckt sich über unendliche
Weiten. Eine einzelne Rinderfarm mit 5000 Tieren hat da gerne mal die
Größe Belgiens! Und es gibt eine Menge Farmen dort!
Es brauchte 6
Stunden Busfahrt (mit Pausen) um uns nur zum Kings Canyon zu bringen.
Hier sieht man, woher das Red Center seinen Namen hat. Rote Erde
soweit das Auge reicht und roter Stein, der sich links und rechts vom
Canyon erhebt. Leider konnten wir nur die kurze Wanderung durch den
Canyon unternehmen, denn bei über 40° im Schatten um 12 Uhr und
weiter steigenden Temperaturen wäre es unverantwortlich gewesen, den
Rim Walk oberhalb des Canyon anzugehen. Als wir ankamen erfuhren wir,
dass gerade erst ein dehydrierter Tourist von den Flying Doctors
evakuiert werden musste. Kein Wunder, wenn man geschätzt 1 Liter
Flüssigkeit pro Stunde verliert, ohne es zu bemerken. Bei diesen
hohen Temperaturen verdunstet der Schweiß so schnell, dass man gar
nicht wahrnimmt, dass man schwitzt. Unser Tourführer sagte uns
vorab, dass er niemanden mitnimmt, der nicht mindestens 2 Liter
Wasser bei sich hat.
Trockene Hitze,
über 40° Grad Celsius und rote Erde klingen nach Wüste? Weit
gefehlt! Es regnet im Schnitt ca. 350mm/Jahr, also zumindest knapp
die Hälfte wie zuhause. Mit dem kleinen Unterschied, dass die
Regenmenge im Outback an vereinzelten Tage im Jahr zusammenkommt. So
gibt es denn auch im Kings Canyon einen Bach, der die meiste Zeit im
Jahr trocken ist, aber an den wenigen Regentagen im Jahr Menschen
wegreißen kann. Im Outback überspannen Brücke große Flussbetten
und überall an den Straßen stehen Schilder, die vor Überflutung
warnen. Und es geht noch überraschender: Im Outback gibt es
heutzutage – dank moderner Technik – für Menschen keine
Wasserknappheit mehr. Ein riesiges unterirdisches Wasserbecken
erstreckt sich seit 350 Millionen Jahren von den Philippinen, unter
dem Pazifik hindurch bis in das australische Outback. Das Wasser
unterquert die Landschaft teilweise in nur 15 Metern Tiefe. Man
erkennt es an den Desert Oaks (Wüsteneichen), die mit ihren Wurzeln
diese Wasserschichten erreichen. Diese und andere Pflanzen sind
Grundlage für eine erstaunliche Artenvielfalt, von der wir nur
wenige große Tiere gesehen haben: die unvermeidlichen Kängurus und
Emus, wilde Pferde und Kamele, Dingos und große Adler mit bis 2,5
Meter Flügelspannweite.
Nach
dem Kings Canyon, der leider nicht ganz so beeindruckend war, wie
viele Touranbieter propagieren, ging es ein paar hundert Kilometer
zurück nach Erldunda. Ein kleiner Haufen Häuser im Nirgendwo am
Stuart Highway, der das Outback in Nord-Süd-Richtung durchquert -
insgesamt nicht mehr als eine Tankstelle mit Bar, Kiosk und
angeschlossenem Motel, wo wir die Nacht auf unserer 2-Tagestour
verbrachten. Am nächsten Morgen ging es von hier mit einem aus Alice
Springs kommenden Bus weiter.
Unsere Ziele an diesem zweiten Tag
waren die Kata Tjuta (The Olgas) und der Uluru (Ayers Rock). Über
Nacht hatte es deutlich abgekühlt. Die Hitzewelle wurde durch eine
starke Windfront vertrieben, die leider nicht nur die Temperatur auf
angenehme 26° senkte, sondern auch eine Menge Sand und Asche
aufwirbelte. Und so war leider die Sicht auf die bei tollem Wetter
mit Sicherheit beeindruckenden Gesteinsformationen stark eingetrübt.
Ein kurzer Halt an den Olgas war auch zu wenig, um sich ein gutes
Bild dort machen zu können.
Am Uluru machten wir mehrere Stationen,
besuchten das (aus unserer Sicht wenig gelungene) Kulturzentrum der
Aborigines und hatten mehrere kurze Wanderungen am größten
Mololithen der Welt. Es ist schon mal interessant, diesen solitären
Felsen aus rotem Sandstein im Nirgendwo des australischen Outbacks zu
sehen. Auf Bildern und aus der Entfernung sieht man ja meist nur den
großen roten Klotz in der Landschaft stehen, dabei ist er deutlich
vielseitiger: mal schroff, mal ganz glatt geschliffen, mit tiefen
Einbuchtung, Wasserbecken und Höhlen, in denen die Aborigines
Malereien hinterlassen haben, die Auskunft geben über Wasserstellen
und Jagdgebiete. Viele Stellen rund um den Uluru sind den Aborigines
heilig und die markantesten Felsformationen interpretieren sie als
Zeugnisse ihrer Mythen und Geschichten.
Am Abend gab es
dann noch ein Barbecue mit Sicht auf den Uluru, in Gesellschaft
zahlreicher anderer Reisegruppen. Leider verging der Sonnenuntergang
auf Grund der schlechten Sicht wenig beeindruckend und so verließen
wir dann auch recht zügig den Nationalpark in Richtung Alice
Springs. Gut fünf Stunden später erreichten wir unser Hostel mitten
in der Nacht und fielen erschöpft in die Betten. Nach ein paar
Stunden Schlaf ging es am Donnerstag mit dem Ghan wieder in Richtung
Adelaide. Hier hatten wir Glück im Unglück. Wir fanden wieder einen
freien 4er-Bereich, hatten aber leider zwei Leute vor uns sitzen, die
… nun ja – stanken. Man kann es nicht anders sagen. Auch den
anderen Gästen und dem Zugpersonal fiel es schnell auf, sie konnten
aber selbst mit dem Einsatz von Deo und Desinfektionsmittel wenig
erreichen. Es war wirklich unerträglich und so wurden wir beide am
Ende tatsächlich in die höhere Zugklasse hochgestuft, hatten unsere
eigene 2er-Kabine mit richtigen Betten und waren darüber nicht
gerade unglücklich. So ließ es sich doch entspannter nach Adelaide
zurückreisen.
Jetzt
sind wir wieder im Süden und haben über 4.600 km mit Bus und
Bahn in knapp 120 Stunden hinter uns gebracht. Unser Fazit: Uluru und
Kings Canyon sind auf jeden Fall eine Reise wert, aber so einen
Aufwand für so einen kurzen Aufenthalt würden wir nicht nochmal
betreiben. Die Fahrerei raubt einem einfach extrem viel Zeit, und die
braucht man eigentlich vor Ort, um sich alles in Ruhe angucken zu
können.
Vielen Dank fürs Lesen dieses extra
langen Berichtes und beste Grüße in die Heimat
Simone & Carsten
PS: Noch viel mehr Bilder gibt es wie immer in den Fotogalerien!
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